

EXTRA-TIME
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ARBEIT / ZEIT / ZUKUNFT
Betrachtet man die derzeitige Gesellschaft, hat jeder Einzelne so viel "Freizeit" wie noch nie, es wird sogar von einer Freizeitgesellschaft gesprochen. Doch wie bewegt sich der Mensch tagtäglich in seiner Umgebung? Er wechselt hin und her zwischen Aufgaben, bestreitet immer längere Wege und befindet sich gleichzeitig überall. Die Gesellschaft ist geprägt von scheinbar unendlichen Wahlmöglichkeiten, Flexibiltät und Können. Der Alltag wird bestimmt vom ständigen Wechselspiel zwischen beruflicher Arbeit und privater Freizeit.
Trotz quantitativ mehr freier Zeit, wächst allgemein die Diskrepanz zwischen der verfügbaren Nicht-Arbeitszeit und dem Empfinden über genügend Freizeit. Warum scheint es, als hätte man in der Freizeit die Kontrolle der Verfügung über die eigene Zeit verloren? Was bedeutet überhaupt noch "Frei-Zeit"?
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Die Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit verschwimmen zunehmend, auch als Folge von immer mehr Mobilität, Flexibilität, und der dadurch entstehenden Gleichzeitigkeit von Lebensbereichen. Wie lässt sich also noch eine Abgrenzung der freien Zeit vornehmen?
Die Erwartungen an die berufliche Arbeit, und den Rahmen, den sie darstellt, haben sich verändert, da sich das Verhältnis zu Zeit geändert hat. Die Schnelllebigkeit der heutigen Leistungsgesellschaft lässt das Zeitbudget kostbar werden. Zeit wird zum zentralen Gestaltungsmittel und damit genauso wichtig wie das Geldbudget. Der gesteigerte Wert der Zeit hat zur Folge, dass auch an die Freizeit die Frage von Produktivität und Nutzen gestellt wird. Arbeitsähnliche Erwartungen werden auf die übrige Lebenszeit übertragen. Die Spontanität der Zeit geht verloren, wenn versucht wird die freie Zeit effektiv zu gestalten, sie einzuteilen und einem Ziel unterzuordnen. Das Bewusstsein zur Unterscheidung der ursprünglichen Lebensbereiche Arbeit und Freizeit gerät abhanden.
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Abschnitte der privaten Zeit verlagern sich zunehmend in den Rahmen der Arbeitszeit und umgekehrt wirkt die Arbeit in die Freizeit hinein. Flexibilität von Arbeitszeit und Arbeitsort suggerieren Freiraum und Freiwiligkeit. Erholungsphasen und Freizeitaktivitäten werden in das Umfeld des Berufes intergriert.
Es wird die Positivität des Könnens vorgelebt. Das Können verliert jegliche Grenzen. Eine Gesellschaft, in der eine Gleichzeitigkeit vieler verschiedener Reize gegeben ist und ein ständiger Fokuswechsel zwischen Aufgabenbereichen gefordert ist, hat zur Folge, dass sich das Empfinden für bedeutsame Zeit verringert. Die Aufmerksamkeit zerstreut sich auf eine Vielzahl von Dingen und das Gespür für die Beschaulichkeit des Einzelnen verliert sich darin. Die Möglichkeiten der Gestaltung von Zeit sind grenzenlos, die qualitativ bedeutsamen gering.





PHOTOGRAPHY Amelie Rehm
HAIR & MAKE UP Anna Buvinic
MODEL Annie Walter